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Quellen
Tagebuch von 1813
Juni

1. Wien. Der Kaiser von Oestreich ging von Laxenburg nach Gitschin in Böhmen ab.
Breslau. Es zeigen sich die ersten Franzosen in den Vorstädten. Bald darauf rückte der General Lauriston mit seinem Corps in die Stadt.

2. Cottbus. Hauptquartier des Generals v. Bülow.

3. Lübeck. Die Russen verließen Lübeck und dänische Truppen rückten ein. Der General Graf Schulenburg, der sie kommandirt, hat den General Tettenborn förmlich von dem Ausbruch der Feindseligkeiten zwischen Rußland und Dännemark unterrichtet.

4. Poischwitz, Dorf bei Jauer. Waffenstillstand, abgeschlossen zwischen den alliirten Armeen und den Franzosen auf 6 Wochen oder bis zum 20sten Juli, und dann gehen die Feindseligkeiten, nach sechstägiger Aufkündigung, wieder an. Dieser Waffenstillstand wurde am 26sten Juli zu Neumark bis zum 10ten August verlängert, und ebenfalls sollen die Feindseligkeiten nach sechstägiger Kündigung erst wieder angehen. Der König von Preußen machte hierüber aus Oder-Gröditz bei Schweidnitz, unter dem 5ten, folgendes an sein Volk bekannt: “Der Feind hat einen Waffenstillstand angeboten; Ich habe ihn mit meinen Alliirten bis zum 20sten Juli angenommen. Dieses ist geschehen, damit die Nationalkraft, die Mein Volk bis jetzt so ruhmvoll gezeigt hat, sich völlig entwickeln könne. Rastlose Thätigkeit und ununterbrochene Anstrengungen werden uns dahin führen. Bis jetzt war uns der Feind an Zahl überlegen, und wir konnten nur den alten Waffenruhm wieder gewinnen; wir müssen jetzt die kurze Zeit benutzen, um so stark zu werden, daß wir auch unsere Unabhängigkeit erkämpfen. Beharrt in Eurem festen Willen, vertraut Eurem König, wirkt rastlos fort, und wir werden auch diesen heiligen Zweck erreichen.”
Luckau. Der farnz. Marschall Oudinot griff hier das Bülowsche Corps an, wurde aber mit dem Verluste von 3 Stück Geschütz, vielen Munitionswagen, 800 Gefangenen und 2500 Todten zurückgeworfen. Oudinot war 32,000 Mann, und die Preußen und Russen kaum halb so stark. Der Verlust der beiden letzteren an Todten und Verwundeten beträgt 700 Mann. Es brannten bei dieser Gelegenheit in Luckau 120 Häuser ab.

5. Berlin. Der westphälische Divisiontsgeneral von Ochs und der Oberste von Brösigke, 8 franz. Offiziere und 532 Mann, bei Halberstadt gefangen, wurden eingebracht.
Stralsund. Die englischen, russischen und schwedischen Abgesandten sind gestern Abend mit einer abschläglichen Antwort von Copenhagen zurückgekommen. Diese Antwort beweist die neue Verbindung, welche Dännemark mit Frankreich eingegangen hat. Zu derselben Zeit, als der dänische Abgesandte von Kaas mit dem franz. Marschall Davoust unterhandelte, ließ er den Russen und Schweden sagen, daß der König von Dännemark bereit wäre, 25,000 Mann seiner Truppen mit der schwedischen Armee zu vereinigen, um einen allgemeinen Frieden herzustellen, und den Einfluß Napoleons zu vermindern.

7. Leipzig. Der General Tschernitscheff, in Verbindung mit Woronzow und Lützow, griff den französischen Herzog von Padua an, welcher 6000 Mann Infanterie und 2000 Mann Cavallerie hatte. Die Franzosen waren bereits überall geworfen, als zwei von ihren Generalen bei Tschernitscheff und Woronzow erschienen, und die ganz unerwartete Nachricht von dem Waffenstillstande brachten. Das Gefecht wurde hierauf eingestellt.
Hamburg. Der Marschall Davoust legte heute, auf Befehl Napoleons, der Stadt eine außerordentliche Strafe von 48 Millionen Franken auf, welche binnen einem Monat bezahlt werden sollte.
Bautzen. Hauptquartier Napoleons, aus welchem derselbe in Paris am 14ten folgendes bekannt machen ließ: “Seit dem Anfange des Feldzuges hat die französische Armee Sachsen befreit, halb Schlesien erorbert, die 32ste Militärdivision (Hamburg und Lübeck) wieder genommen, und die Hoffnungen unserer Feinde zu Schanden gemacht.”

9. Berlin. Eingebracht an Gefangenen von Luckau 282, aus der Gegend von Hamburg 63 und 1 Capitain.
Danzig. Der General Rapp machte mit dem größten Theil seiner Truppen einen Ausfall, welcher gänzlich mißglückte.

10. Dresden. Der Kaiser Napoleon traf wieder ein.

11. Berlin. Eingebracht an Gefangenen 142.
Crossen. Die Franzosen wollten hier einziehen, obgleich Crossen diesseits der Demarkationslinie liegt, wurden aber von dem Commandanten mit einer zweckmäßigen Erklärung zurückgewiesen.
London. Heute wurde den beiden Kammern des Parlaments der zwischen England und Schweden geschlossene Allianz- und Subsidientractat vorgelegt. Derselbe ist zu Stockholm den 3ten März d.J. geschlossen worden. Schweden stellt gegen den gemeinschaftlichen Feind ein Corps von wenigstens 30,000 Mann, und bekömmt für die Ausgaben dieses Jahres eine Million Pfund Sterling.
Breslau. Die franz. Truppen haben den Bedingungen des Waffenstillstandes zufolge heute Breslau geräumt, um sich in die ihnen bezeichnete Linie zu ziehen.

13. Berlin. Ein Theil des Bülowschen Corps rückte ein, um während des Waffenstillstandes hier zu bleiben.
Dresden. Der dänische Abgesandte von Kaas erhielt eine Audienz bei dem Kaiser Napoleon.

14. Berlin. Zurückkunft der Prinzessin Wilhelm von Preußen, in Begleitung ihres Gemahls.
Wien. Der zwischen Frankreich und Oestreich bestandene Cartell ist heute abgelaufen, und nicht wieder erneuert worden.

15. Leipzig. Die hiesigen Zeitungen sind voll von Steckbriefen gegen Individuen, welche wegen der in Sachsen gegenwärtig stattfindenden Rekrutirung aus ihrer Heimath entwichen sind.
Reichenbach. Hier wurde die Convention zwischen Rußland und England abgeschlossen. Der Kaiser von Rußland macht sich anheischig, um den Krieg mit äußerster Energie zu führen, fortwährend 160,000 Mann auf den Beinen zu halten, und der König von England dagegen 1,133,334 Pfund Sterling für das Jahr 1813 in monatlichen Ratis zu zahlen. Dann übernimmt England auch die Unterhaltung der in englischen Häfen befindlichen russischen Flotte und des Schiffsvolks, die auf 500,000 Pfd. Sterl. angeschlagen wird. Um den Mangel an baarem Gelde auf dem Continente abzuhelfen, sind die hohen Contrahirenden, im Einverständnisse mit dem Könige von Preußen übereingekommen, unter dem Namen Föderativgeld, Banknoten, an den Vorzeiger zahlbar, auszugeben, deren Summe sich nicht über 5 Mill. Pfund Sterl. belaufen soll. DAvon werden zwei Drittheile zur Disposition von Rußland, und ein Drittheil für Preußen gestellt. Für die Wiederbezahlung, welche nicht vor dem 1sten Juli 1815, oder ein halbes Jahr nach dem Definitiv-Friedensschluß statt findet, übernimmt England 3, Rußland 2, und Preußen 1 Sechstheil. Diese 5 Millionen sollen nur für Kriegsausgaben angewandt werden.

16. Opotschna. Der Kaiser von Rußland traf hier ein, um mit seinen beiden Schwestern, den Erbprinzessinnen von Oldenburg und von Weimar, eine Zusammenkunft zu haben.

17. Lützen. Der preuß. Major von Lützow, mit einem Theil seiner Cavallerie, stand den 13ten in der Gegend von Plauen und Hof, und zog sich, auf die an diesem Tage erhaltene Nachricht vom Waffenstillstande, nach der Elbe zurück. Er wurde aber heute bei Lützen angegriffen, und mußte den größten Theil seiner Mannschaft gefangen nehmen lassen. Er selbst rettete sich mit Wenigen.

18. Zittau. Das polnische Corps des Fürsten Poniatowsky ist aus Polen durch Oestreich in hiesiger Gegend angelangt, und hat sich mit den franz. Truppen vereinigt.

22. Acken. Der preuß. Rittmeister von Colomb, welcher seit dem 8ten Mai im Rücken der franz. Armee mit 90 Mann sehr glücklich operirt hatte, wollte hier bei Tochen da ihm am 11ten d.M. der Waffenstillstand bekannt geworden war, über die Elbe zurückgehen, wurde aber von den Franzosen, trotz aller Vorstellungen, mit Uebermacht angegriffen. Der Uebergang wurde jedoch bis auf 14 Mann glücklich vollbracht.

25. Dresden. Im heutigen franz. Armeebericht, welchen der Moniteur vom 3ten Juli mittheilt, wird gesagt: “England, das kein Geld hat, hat auch den Verbündeten keins liefern können; aber es hat ein neues Auskunftsmittel erdacht. Es ist zwischen England, Rußland und Preußen ein Tractat abgeschlossen worden, dem zufolge für mehrere hundert Millionen neues Papiergeld gemacht werden soll, wofür die drei Mächte Gewähr leisten. Auf diese Hülfsquelle rechnet man, um die Kriegskosten zu bestreiten.

26. Stralsund. Der Herzog von Braunschweig-Oels ist nach England zurückgekehrt.
Lübeck. Der Marschall Davoust legt Lübeck eine außerordentliche Contribution von 6 Millionen Franken auf.
Dresden. Der östreichische Minister, Graf Metternich, traf gestern hier ein, und hatte heute bei dem Kaiser Napoleon eine Audienz, die von Mittags 12 bis Abends 7 Uhr dauerte.

28. Berlin. Der König von Preußen hat bestimmt, daß nunmehr das unter den Befehlen des General-Lieutenants von York stehende Truppencorps, das erste Armeecorps; das unter dem General-Lieutenant von Kleist, das zweite Armeecorps; und das Truppencorps, unter dem General-Lieutenant von Bülow, das dritte Armeecorps genannt werden sollen. Der General der Cavallerie von Blücher ist der Oberbefehlshaber.
Prag. Der preuß. General von Scharnhorst, welcher auf einer Geschäftsreise nach Wien begriffen war, starb hier an den Folgen einer Blessur, die er in der Schlacht bei Groß-Görschen erhalten.

29. Ribnitz. Viele Mitglieder der Hamburger und Lübecker Bürgergarde, die sich nach Mecklenburg geflüchtet, vereinigen sich hier, der Erlaubniß des Kronprinzen von Schweden gemäß, zu einem Corps. Sie erhalten Sold, Kleidung und Waffen.

30. Leipzig wurde in Belagerungszustand erklärt.
Stralsund. Für Schwedisch-Pommern und die Insel Rügen wurde ein Landsturm-Edict bekannt gemacht.