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Bayerische Infanterie 1812 (Teil 2)

 

Die erste Schlacht von Polotzk

Im Lager an der Düna erging an das VI. Korps der Befehl, das II. Korps (Marschall Oudinot) bei dessen Verfolgung des russischen Armeekorps unter Wittgenstein zu unterstützen. Dessen Korps wurde von der Armee von Barclay de Tolly detachiert und sollte die russische Verbindungslinie nach St. Petersburg aufrecht erhalten. Die Bayern nahmen am 5. August den Weitermarsch nach Polotzk auf – eine Stadt an der Düna mit damals etwa 12.000 Einwohnern – das die Infanterie am 7. August 1812 erreichte. In der Zeit vom 7. bis zum 14. August war das bayerische Korps in mehrere längere ermüdende Märsche und kleinere Gefechte nordwestlich von Polotzk verwickelt. Am Nachmittag des 16. August waren das II. und VI Korps wieder zurück in Polotzk. Das einzige Resultat der Märsche war eine Reduzierung der Bayern von 16.000 auf 12.500 Mann effektiver Kampfstärke.

Wittgenstein folgte den zurückgehenden Bayern und griff diese am 16. August um 14.00 Uhr außerhalb von Polotzk an. Die Bayern schlugen diesen Angriff der Russen ebenso wie einen zweiten drei Stunden später zurück. An diesem Abend hielt Oudinot Kriegsrat mit seinen Generälen. Die Aufstellung der Alliierten für den 17. August wurde vereinbart. Am äußersten linken Flügel stand die 8. Division Valentin (Franzosen). Rechts daneben im Zentrum auf der Straße nach St. Petersburg die 6. Division Legrand (Franzosen und Portugiesen). Die rechte Flanke wurde von Wredes 20. Division gehalten, die sich im Dorf Spas mit der Brigade Vincenti (2. und 6. Regiment, 2. leichtes Regiment) verschanzt hat. Deroys 19. Division stand hinter Wrede auf den Höhen südlich des Flusses Polota. Die 9. Division (Schweizer) sowie die Kavallerie standen südlich der Düna.

Karte von Polotzk (aus Kausler/Woerl)

Am 17. August zwischen 7 und 8 Uhr griff das I. russische Korps unter General Wittgenstein die vereinigten II. und VI. Armeekorps unter dem gemeinsamen Oberbefehl des Marschall Oudinot bei Polotzk an. Der bayerischen Division Wrede wurde eine Schlüsselstellung im befestigten Dorfe Spas nordöstlich Polotzk zugewiesen, die sie unter großem Einsatz gegen eine russische Übermacht verteidigen konnte. Die Division Deroy wurde als Reserve zurückgehalten. Dem mörderischen Kampf in Spas, der teilweise durch heftige Bajonettangriffe und –gegenangriffe geprägt war, zollten die Bayern unter Wrede einen hohen Blutzoll: 37 Offiziere und 547 Soldaten wurden getötet oder verwundet. Die Hauptlast der Kämpfe um Spas lag bei der 1. und 3. bayerischen Brigade. Die zweite befand sich am äußersten rechten Flügel und wurde nicht in die Kämpfe verwickelt.

Am darauffolgenden Tag erfolgte der mutige Vorstoß der französisch-bayerischen Truppen unter Gouvion St.-Cyr, der den verwundeten Marschall Oudinot als Oberbefehlshaber ablöste, aus der Verteidigungsstellung von Polotzk heraus. Nun war es an der Reihe der bayerischen Division Deroy, die die ermatteten Truppen Wredes in Spas ablöste, in den Kampf einzugreifen. Wredes Division wurde weiter nach rechts geschoben.

Um 16.00 Uhr begann der Vorstoß der Bayern. Beckers 2. Brigade von Wredes Division führte diesen an, rechts daneben Deroys 2. Brigade (Raglowicz). Die Russen erholten sich jedoch schnell von ihrer Überraschung und empfingen die Bayern mit schwerem Feuer. Innerhalb kurzer Zeit verlor die Brigade Raglowich ihren Kommandeur sowie die Obersten des 10. Regimentes und des 3. leichten Batallions. Die Bayern gingen daraufhin zurück und waren in Gefahr, von den Russen umgangen zu werden. Da tauchte das 2. Batallion des 7. Regiment aus einer Bodenfalte auf und warf, unterstützt vom 4. Regiment, die überraschten Russen zurück. In diesem Moment wurde General Deroy von einer Musketenkugel in den Unterleib getroffen. Die bayerischen Truppen wurden von Marschall St. Cyr dem General Wrede unterstellt. Dieser reorganisierte die bayerischen Truppen und führte sie zum Gegenangriff vor. Das 9. Regiment warf die Russen in blutigem Nahkampf aus dem Schloß Prismenitza (nördlich von Spas). Mit dem Verlust von Prismenitza war die Schlacht für die Russen verloren. Wittgenstein ordnete den Rückzug an.

Um seinen Rückzug zu decken, sandte er seine Kavallerie gegen Corbineaus Brigade (7. und 20. Jäger zu Pferd, 8. Chevaulegers). Diese wurden geworfen, eine Batterie von 20 Geschützen von der Schwadron der russischen Garde zu Pferd überrannt (In Wittgensteins Korps waren zwei kombinierte Regimenter der russischen Gardekavallerie, zusammengesetzt aus den Reserveschwadronen). Die Russen wurden jedoch von der bayerischen Batterie Gravenreuth und dem 1. Bataillon des 1. Regiments, welche von Spas vorgerückt waren unter Feuer genommen und in einem Gegenangriff der 4. Kürassiere zurückgetrieben. Sie mussten ihre gesamte Beute stehen lassen. Somit endete um ca. 21.30 Uhr die erste Schlacht von Polotzk.

Der Erfolg des 18. August 1812 wurde von sehr hohen Verlusten bei den Bayern überschattet, sie verloren insgesamt 15 getötete und 103 verwundete Offiziere (darunter die Generäle Deroy und Raglovich) sowie 144 getötete und 1.135 verwundete Soldaten. Für ihre Tapferkeit wurden die bayerischen Truppen sowohl von Gouvion St.-Cyr als auch Napoleon besonders belobigt, jedem der beteiligten Regimenter wurden 7 Kreuze der Ehrenlegion zugeteilt und General Deroy wurde von Napoleon zum Reichsgrafen ernannt. Dieser Titel war jedoch nur von geringem Trost für Deroy, da er am 23. August seiner schweren Verletzung erlag.

Zum Zwecke der Aufklärung sollte am 22. August eine etwa 1.800 Mann starke bayerische Abteilung unter General Siebein auf der Straße nach St. Petersburg vorrücken. Bei Biailoe traf sie auf die starke Nachhut des Feindes, der mit einer Übermacht die Bayern angriff. Im Laufe des Gefechtes wurde General Siebein tödlich verwundet, sein Nachfolger als Befehlshaber wurde Oberst Ströhl. Ihm gelang es bis zum 24. August die Stellung zu halten, an diesem Tage erfolgte der Rückzug nach Polotzk. Das Gefecht kostete die Bayern 4 getötete (darunter General Siebein), 11 verwundete und 2 vermisste Offiziere sowie 236 gefallene, verwundete oder vermisste Soldaten.

Am 25. August 1812 erfolgte die Beisetzung der verstorbenen bayerischen Generäle Deroy und Siebein auf dem Xaverienkirchhof von Polotzk. Wrede hatte schon durch den Befehl vom 19. August den Oberbefehl über die (bayerischen) 19. und 20. Division übernommen. Den Bayern wurde am 1. September 1812 ein Lager außerhalb von Polotzk zugewiesen, ihre weitere Aufgaben beschränkte sich auf die Errichtung einer Vorpostenkette, zu der mindestens 1.500 Mann benötigt wurde. Während der nun folgenden kampflosen Periode verloren die Bayern zahlreiche Soldaten durch Schwäche und Krankheiten. Vor allem die medizinischen Verhältnisse waren so verheerend, dass König Maximilian Joseph einen Konvoi mit medizinischem Bedarf und Arzneimitteln nach Polotzk sandte, der dort Anfang Oktober ankam. Die Disziplin konnte trotz des Mangels an ausreichend Proviant aufrecht erhalten werden, in dieser Zeit wurde nur ein einziger Fall an Desertion bei den Bayern bekannt.

Zeichnung des bayerischen Artillerieleutnants Gottlieb Bauer (aus Holzhausen)

Die zweite Schlacht von Polotzk

Mit der Wiederaufnahme der Angriffe durch Wittgenstein am 14. Oktober 1812 wurde die „ruhigere“ Zeit der Bayern beendet. Als erstes trafen diese Angriffe die zur Bedeckung eines Düna-Überganges nordwestlich von Polotzk bei Disna abgestellte 3. Brigade der 20. Division unter dem Befehl des Generals Ströhl. Die Brigade rekrutierte sich aus den verbliebenen Truppen des 5. Leichten Infanteriebataillons, des 5. und des 11. Linieninfanterie-Regiments – insgesamt etwa 400 Mann. Etwa 13.000 Mann unter dem russischen General Steinheil versuchten am 16. Oktober, den strategisch wichtigen Posten den Bayern zu nehmen. Doch durch geschickten Einsatz von 3 Geschützen und dem Gebrauch mobiler Stoßtrupps gelang es den Bayern, bis zum Einbrechen der Nacht die Stellung zu halten – General Ströhl befahl dann auch in der Nacht den Rückzug auf Polotzk. Die russische Brigade Steinheil ging nordwestlich von Polotzk über die Düna und stand somit im Rücken von St. Cyrs Truppen. Während des Rückzugs der Bayern kam es auf halber Strecke nach Polotzk am 18. Oktober zu einem heftigen Gefecht. Insgesamt verlor die bayerische Gruppe um Ströhl 40 Offiziere und 336 Soldaten, wurde also fast komplett aufgerieben.

Am 18. Oktober 1812 begann der russische Ansturm auf die befestigte Stadt Polotzk von Norden und von Nordwesten (durch General Steinheil). Nur durch die verzweifelten Anstrengungen der bayerischen Infanterie und Artillerie unter Wrede konnte ein komplettes Einbrechen der Russen an diesem Tage verhindert werden. Die Hauptlast der zweiten Schlacht von Polotzk trugen jedoch die Franzosen und Schweizer.

In der Nacht versuchten die Russen einen Düna-Übergang südlich von Polotzk, wurden jedoch von den dort stationierten Bayern unter de la Motte zurückgeworfen.

Am nächsten Tag hielt Wittgenstein sein Zentrum zurück und attackierte die beiden Brigaden an den Flanken. De La Motte verhinderte einen zweiten Versuch der Russen, die Düna zu überqueren, doch im Norden waren diese erfolgreicher. Die Bayern mussten dort zurückgehen, wurden jedoch vom 19. französischen Linienregiment, welches von General Wrede geführt wurde, aufgenommen.

Wrede konnte die Russen aufhalten, doch wurde unter der gegebenen Situation das Halten von Polotzk unmöglich.

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Literatur zur Bayerischen Infanterie 1812
  • Friedrich Münich „Geschichte der Entwicklung der bayerischen Armee seit zwei Jahrhunderten“. München 1864
  • „Unterricht in den Waffen-Uebungen für die Infanterie der königlich-baierischen National-Garde III. Klasse im Isar-Kreise“. München 1814
  • Th. Krauß „Geschichte der bayerischen Heeresabtheilung im Feldzuge gegen Russland 1812“. Augsburg 1857
  • Digby Smith „Armies of 1812“. Staplehurst 2002
  • „Rangliste der Königlich Bayerischen Armee für das Jahr 1811“. Osnabrück 1982
  • F. von Fabrice „Das königlich Bayerische 6. Infanterie-Regiments Kaiser Wilhelm, König von Preußen. II. Theil. 1805 bis 1835“. München 1896
  • Joseph Dauer „Das königlich Bayerische 10. Infanterie-Regiment Prinz Ludwig. 4. Band“. Ingolstadt 1901
  • Schubert „Geschichte des königlich Bayerischen 13. Infanterie-Regiment Kaiser Franz Josef von Österreich“.
  • K. Müller/L. Braun „Die Organisation, Bekleidung, Ausrüstung der Kgl. Bayer. Armee von 1806 bis 1906“. Reprint 1996
  • Oskar Bezzel „Geschichte des Königlich-Bayerischen Heeres unter König Max I. Joseph von 1806 bis 1825“. München 1933
  • J.B. Cantler „Der Bayerischen Armee sämtliche Uniformen von 1800-1873“. Schwarzbach 1972-1976
  • H. Knötel/M. Brauer „Uniformbogen 32, Bayern. Garde-, Linien- und leichte Infanterie 1804-1814“. Berlin
  • Richard Knötel „Uniformenkunde“. Rathenow 1890-1914
  • H. Knötel/M. Lezius „Deutsche Uniformen“. Sturm-Zigaretten-Album
  • M. Leyh „Die Feldzüge des Königlich bayerischen Heeres unter Max I. Joseph von 1805 bis 1815“. München 1933
  • F. Münich/L. Behringer „Die Uniformen der Bayerischen Armee 1682 bis 1848“. Reprint 1976
  • Kriegsarchiv „Der Bayerische Soldat im Felde. Erster Band“. München 1898
  • Paul Holzhausen „Die Deutschen 1812 in Russland“. Berlin 1912

 

     
© Napoleon Online - Letzte Aktualisierung am 08.07.2007
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