Feldmarschall-Leutnant Freiherr Wolfskehl von Reichenberg

Christian Freiherr Wolfskehl von Reichenberg wurde im Jahr 1761 in Würzburg geboren. Er war der ältere Bruder von Philipp Siegmund Freiherr Wolfskehl von Reichenberg (1762-1838). Bei Ausbruch des Bayerischen Erbfolgekrieges (1778/79) trat der junge Wolfskehl nachdem ihm eine Leutnantsstelle beim Chevauxlégers-Regiment Nr. 19 „Levenehr“ verliehen worden war, in das kaiserlich-österreichische Heer ein. Nachdem Wolfskehl den Krieg gegen das Osmanische Reich (1787-1792) als Rittmeister im Kürassier-Regiment Nr. 21 „Wallisch“ (Ab dem Jahr 1794 Kürassier-Regiment Nr. 21 „Lothringen“) mitgemacht hatte, und in dessen Verlauf sich zeigte dass in dem jungen Würzburger ein durchaus talentierter Reiterführer steckte, wurde er im September 1791 zum Platzmajor in Wien ernannt.

Inmitten des Ersten Koalitionskrieges wurde Wolfskehl im Februar 1794 wieder in das Kürassier-Regiment Nr. 21 nunmehr „Lothringen“ übersetzt, in welchem er schon im Krieg gegen die Türken gestanden hatte, und sein ersehnter Wunsch nach Taten dadurch in Erfüllung gegangen war. Mit seinem Kürassier-Regiment in der k.k. Oberrhein-Armee dienend zeigte Wolfskehl im Feldzug des Jahres 1796 sein Können. Anfang September 1796 waren schwächere Truppenteile des Feldzeugmeisters Graf Baillet de Latour im Scharnitzer Pass von den französischen Truppen hart bedrängt worden. Major Wolfskehl erhielt den Auftrag mit zwei Divisionen (vier Eskadronen) Lothringen-Kürassieren, einer Division (zwei Eskadronen) slawonischer Grenzhusaren sowie zwei Geschützen bis Starnberg vorzustoßen, um durch diese Diversion die Aufmerksamkeit des Gegners von den dortigen Truppen ab- und schließlich auf sich zu lenken. Durch den ihm aufgetragenen Marsch nach Starnberg hatte Wolfskehl seine Hauptaufgabe dahin gehend gelöst, doch der Tatendurstige lies es nicht damit auf sich beruhen. Wolfskehl hatte erfahren, dass sich zu dieser Zeit in Dachau bei München ein französisches Lager mit einem Artilleriepark befand, und fasste daher den Entschluss dieses sogleich auszuheben! Blitzschnell wurden die nötigsten Befehle getroffen und am Morgen des 7. September 1796 fiel Wolfskehl an der Spitze seiner Kürassiere durch Entschlossenheit und Tatkraft angetrieben wie ein Blitz über das französische Lager her. Der Überfall gelang vollkommen! Die französischen Soldaten gerieten in Panik und Verwirrung. Schließlich wurden sie auseinandergesprengt und das Lager erobert. 300 Gefangene, mehrere Geschütze, sowie eine große Menge Munition und Lebensmittel waren die Ergebnisse dieses siegreichen Überfalls. Nur wenige Wochen später, am 20. September 1796 lieferte Wolfskehl erneut eine Kostprobe seines Mutes. Von Feldmarschall-Leutnant Baron Fröhlich zum Kommandeur der Korps-Avantgarde bestimmt, sollte Wolfskehl mit drei Kompanien Infanterie sowie einer Eskadron Lothringen-Kürassiere gegen Isny/Allgäu vorrücken, den dort eventuell befindlichen Feind vertreiben und den Ort besetzten. Wolfskehl fand Isny bereits vom Gegner geräumt. Er erhielt sogleich von Fröhlich den Befehl weiter bis Dortweil vorzustoßen. Dort angekommen ließ Wolfskehl ein Nachtlager aufschlagen, während  sein französischer Gegner in einer Stärke zwischen 2.000 bis 3.000 Mann gegen ihn vorrückte. Wolfskehl inmitten einer sumpfigen weichen zur Verteidigung unvorteilhaften Gegend befindend, wählte die daraus resultierende bestmögliche Stellung, traf die geeignetsten Dispositionen und erwartete ruhig den heranziehenden Feind. Durch drei Stunden hindurch verteidigte sich Wolfskehl mit seiner kleinen Schar auf einem Hügel mit äußerster Erbitterung gegen drei französische Brigaden des Divisionsgenerals Ferino! Ungeachtet der wiederholten Angriffe und der zahlenmäßigen Überlegenheit gelang es den Franzosen dennoch nicht, die Österreicher nur einen Meter Boden zum Weichen zu bringen. Im Gegenteil! Einen günstigen Augenblick benutzend, gelang es Wolfskehl den französischen linken Flügel zum Wanken zu bringen. Gleichzeitig rückte von Isny her kommend, die soeben dort angekommene Hauptmacht Fröhlichs ihren Kameraden schnell zu Hilfe. Mit den nun zur Hand habenden Kürassieren führte Wolfskehl eine eben so rasche wie als auch glückliche Attacke aus, so dass der Feind schließlich die Flucht ergriff! Die französischen Truppen beklagten einige Hundert Tote und Verwundete sowie nahezu 650 Gefangene worunter 23 Offizier. Diese Taten Wolfskehls wurden später (bei der 66. Promotion am 18. August 1801) nicht nur mit dem Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens belohnt, sondern er auch im Dezember 1796 zum Oberstleutnant, befördert, und in das Stabsdragoner-Regiment eingeteilt.

An der Spitze dieses Dragoner-Regiments führte Wolfskehl während der Schlacht bei Rivoli (14.- 15. Januar 1797) die Avantgarde und beim Rückzug aus Südtirol die Nachhut des österreichischen Heeres unter Feldzeugmeister von Alvinczy. Im Gefecht bei Lavis schlugen sich Wolfskehls Reiter durch die französischen Truppen, und im Treffen bei Salurn (20. März 1797) hielt er sich mit seinen 3 Eskadronen Stabsdragonern ungemein tapfer gegen die siegreich anstürmenden französischen Soldaten des Divisionsgenerals Joubert. Im Mai 1797 zum Oberst befördert, wurde Wolfskehl 1798 als Kommandeur in das Kürassier-Regiment Nr. 3 „Herzog Albert“ (bis 1798 die Bezeichnung Karabiniere-Regiment Nr. 5 „Herzog Albert“ führend) übersetzt.

Während des Zweiten Koalitionskrieges konnte sich Wolfskehl mehrmals an der Spitze seines Regiments rühmlichst auszeichnen, so z. B. unter dem Oberbefehl von Feldzeugmeister Graf von Sztáray während des siegreichen Gefechts bei Wiesloch (3. Dezember 1799. Nachdem Wolfskehl im Oktober 1800 zum Generalmajor befördert wurde, machte er den Winterfeldzug von 1800 der k.k. Hauptarmee in Süddeutschland unter dem Oberbefehl des jungen Erzherzog Johann mit. In der für Österreichs Heer so katastrophal verlaufenden Waldschlacht von Hohenlinden (3. Dezember 1800) war Wolfskehl als Kommandeur einer Kürassier-Brigade (12 Eskadronen) bei der Zentrumskolonne unter Feldmarschall-Leutnant Graf von Kolowrat-Liebsteinsky und Feldmarschall-Leutnant Fürst von Liechtenstein eingeteilt, und stand somit im Mittelpunkt der Kämpfe bei Maitenbeth den französischen Truppen der Division Richepanse gegenüber. Seinen Unmut über die hier so verheerende Niederlage konnte Wolfskehl während der Verteidigungsgefechte vom 12.-14. Dezember 1800 entlang der Saalach (später in der Kriegsgeschichte auch Schlacht bei Salzburg genannt) wett machen und sich in der Abwehr rühmlichst auszeichnen. Besonders am 14. Dezember 1800 bei der Verteidigung des Dorfes Anthing gegen die französische Division Decaen bewies Wolfskehl umsichtiges Verhalten und persönliche Tapferkeit. Für die Behauptung Anthings hatte Fürst Liechtenstein dem jungen Wolfskehl das Kommando über 13 Eskadronen, das Grenadier-Bataillon „Morwitz“ sowie 6 Reservegeschützen übertragen. Unter der Beihilfe des damals noch jungen tapferen Oberst Radetzky und dem schneidigen Major von Klebelsberg entledigte Wolfskehl seinen Auftrag mit Bravour.

Im Dritten Koalitionskrieg von 1805 finden wir Generalmajor Wolfskehl als Brigadekommandeur unter Feldmarschall-Leutnant Jellachich in Vorarlberg, welcher den linken Flügel der kaiserlichen Tirol-Armee unter Erzherzog Johann kommandierte. Wie es scheint war auch Wolfskehl bei der Kapitulation Jellachichs am 13. November 1805 bei Hohenems vor dem französischen Marschall Augereau zugegen.

Im Februar 1809 zum Feldmarschall-Leutnant befördert, erhielt Wolfskehl bei Ausbruch des Krieges von 1809 das Kommando der Kavallerie in der Armee von Innerösterreich unter dem Oberbefehl von Erzherzog Johann übertragen. Als Reiterführer konnte sich Wolfskehl während des Beginns des Feldzuges in Norditalien hervorragend auszeichnen. In der für das österreichische Heer siegreiche Schlacht bei Sacile (auch Fontana Fredda genannt) am 16. April 1809 befehligte Wolfskehl die gesamte 34 Eskadronen starke Kavallerie Erzherzog Johanns (Die Dragoner-Brigade von Generalmajor Hager mit 12 Eskadronen und die Husaren-Brigade von Generalmajor Splényi mit 22 Eskadronen). Beim Rückzug des österreichischen Heeres, bedingt durch die Niederlagen der k.k. Hauptarmee Erzherzog Karls in Bayern, kam es am 8. Mai 1809 an der Piave bei Ponte della Priula zur Schlacht mit dem nachstoßenden gegnerischen Heer des italienischen Vizekönigs Eugéne Beauharnais. Feldmarschall-Leutnant Wolfskehl stand mit dem größten Teil der österreichischen Kavallerie im Zentrum der Abwehrstellung von Erzherzog Johann, und hatte die Aufgabe die ungestümen Reiterangriffe der französischen und italienischen Kavallerie aufzufangen. Mit seinen nur fünf durch mehrere Gefechte und namentlich durch die Schlacht bei Sacile sehr geschwächten Regimenter sollte er dem Anprall von 12 feindlichen, größtenteils neu ergänzten und aufgefrischten Kavallerie-Regimentern von keinen Geringeren französischen Reitergenerälen wie Grouchy, Sahuc und Pully geführt abwehren! Als Wolfskehl sah, dass seine Anstrengungen vergebens waren, stürzte sich der tapfere österreichische Reiterführer mit dem gezogenen Säbel in der Faust mitten zwischen einen Trupp feindlicher Reiter und wurde im Nahkampf von diesen niedergestochen. Wolfskehl übrigens von der damals allgemein in der österreichischen Armee vorherrschenden kriegerischen Begeisterung hatte sich noch wenige Tage vor Ausbruch des Krieges von 1809 in Laibach zu der patriotischen Posse hinreißen lassen: „Ich würde eine unglückliche Wendung dieses Krieges nicht überleben!“. Wolfskehl hatte Wort gehalten, die Ufer der Piave wurden dem schneidigen österreichischen Reiterführer zum Grab!