General der Kavallerie Rudolph Chevalier von Otto

Rudolph von Otto wurde am 28. Mai 1735 in Weissenfels im damaligen Kurfürstentum Sachsen geboren und entstammte einem alten sächsischen Adelsgeschlecht. Zu Hause erzogen, betrieb der junge Rudolph neben Geometrie, Geographie und Geschichte, besonders die Wissenschaft der Kavallerie als Lieblingsstudie. Im Alter von 18 Jahren verließ von Otto das Gymnasium und die Reitschule in Weissenfels und begab sich in polnisch-kursächsische Kriegsdienste. Sogleich erhielt Otto in dem damals in Polen stehenden Chevauxlégers-Regiment „Prinz Karl“ eine Stelle als Fahnenjunker zugewiesen.

Nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges (1756-1763) nahm von Otto an den Schlachten von Kolin (18. Juni 1757) und Breslau (22. November 1757), den Gefechten von Kuttenberg, Mosberg und Lissa sowie der Belagerung von Schweidnitz teil. Im Jahr 1758 war er bei dem Überfall des preußischen Dragoner-Regiments bei Holitsch, bei der damals berühmten Wegnahme des gegnerischen Trains bei Domstädt und 1759 bei der Belagerung von Neisse teilnehmend. Ottos in kaiserlich-österreichischen Diensten stehender Bruder, Oberst Wilhelm Ludwig von Otto, hatte währenddessen ein Jäger- und Freiwilligenkorps aufgestellt und forderte Rudolph auf zu ihm zu kommen. Rudolph von Otto verließ daraufhin die kursächsischen Dienste, wurde zum kaiserlich-österreichischen Unterleutnant befördert und bekam 100 berittene Jäger unter sein Kommando. Otto überfiel mit seinem Streifkommando im Winter 1760 ein preußisches Husarenkommando an der Havelbrücke im Voigtlande, übernahm bei den Attacken auf Langensalza, Weissensee, Merseburg und Halle die Aufgabe der Avantgarde und erkämpfte sich dadurch 1761 die Oberleutnantsstelle. Nachdem er selber eine Chevauxlégers-Eskadron aufgestellt hatte, überfiel er 1762 in einem „Husaren-Stück“ einen preußischen Rittmeister in Arnstadt und nahm denselben nebst  80 preußischen Kürassieren gefangen! Der Tod des sächsischen Kurfürsten und gleichzeitigen Königs von Polen vernichtete von Ottos auf kursächsische Dienste, in welche er nach dem Frieden von Hubertusburg 1763 zurückkehren wollte. So trat er schließlich wieder in österreichische Dienste ein und wurde im Dragoner-Regiment Nr. 19 „Ludwig Landgraf von Hessen-Darmstadt“ (später ab 1802 als Dragoner-Regiment Nr. 4 „Levenehr“ bekannt) als überzähliger Oberleutnant eingestellt. Er erhielt seine Quartierzuweisung in Ungarn, wo von Otto längere Zeit ohne Beförderung blieb. Immerhin benutzte von Otto seine Langeweile dazu, seinen Beruf gründlichst zu studieren und brachte hierbei seine Bemerkungen und Erfahrungen zu Papier. Als nach einiger Zeit am Wiener Hof beschlossen wurde, der kaiserlich-österreichischen Kavallerie durch den General der Kavallerie d´Ayasassa ein neues reformiertes Bild zu geben, leistete Rudolph von Otto hierbei die vortrefflichsten Dienste und gelangte 1769 zu einer Hauptmannsstelle. Er brachte schon damals die Abrichtung des Kavalleristen und seines Pferdes in ein Lehrsystem, entwarf die Grundsätze zum Vorpostendienst und erlangte im Abrichten und Exerzieren einen sehr großen Ruf!

Im Jahr 1777 avancierte ihn daher der Husaren-Regimentsinhaber und Feldmarschall-Leutnant Martin Freiherr von Graeven mittels Beförderung zum Major zu seinem Husaren-Regiment Nr. 34 „von Graeven“ (Anmerkung: Von 1791 bis 1803 als Husaren-Regiment „Freiherr von Vécsey“ bekannt. Nach der Reform von 1798 in Husaren-Regiment Nr. 4 umnummeriert), um dieses aus dem Grund  heraus abzurichten. Die Erfolge des nunmehrigen Majors Rudolph von Otto waren so glänzend, daß ihn Kaiser Joseph II. im Jahr 1783 vom zweiten Major zum Oberstleutnant und Regimentskommandeur, schließlich 1784 zum wirklichen Obersten des Husaren-Regiments Nr. 34 „Freiherr von Graeven“ erhob. Während des Krieges gegen das Osmanische Reich (1787-1792) konnte sich Oberst von Otto besonders im Feldzug von 1788 hervortun; in diesem Jahr zeichneten sich die unter Ottos Kommando stehenden sechs Eskadronen im Banat durch Tapferkeit aus. Otto überstieg mit ihnen die größten Gebirgslandschaften auf dem Kriegsschauplatz, griff die Osmanen in der Walachei bei Csernetz an und trug dadurch zur Rettung der österreichischen Nachhut bei Cornia äußerst wirksam bei! Otto hatte während dieses Feldzuges alle Vorposten der österreichischen Hauptarmee unter seinem Befehl, schlug jedes Mal die feindlichen Überfälle ab, deckte der Hauptarmee den Rücken bis nach Lugos  und nach der zu Ujpalanka glücklich ausgeführten Unternehmung. Zu Ende des Jahres 1788 erhob ihn Kaiser Joseph II., unter dessen persönlichen Augen, Otto gefochten hatte zum Generalmajor. Im Feldzug von 1789 betraute ihn Feldmarschall Graf von Laudon mit dem Auftrag eine Brücke über die Donau, zwischen Pancsowa und Belgrad zu schlagen, die Kommunikation dort selbst zu errichten und während der Belagerung Belgrads die Vorpostenkette zu kommandieren. Generalmajor von Otto brachte nicht nur diesen Auftrag lobenswert zustande, sondern eroberte auch das osmanische Fort Semendria und nötigte den bei Csupria aufgestellten Seraskier, Abdi Pascha, zum Rückzug, wobei 28 osmanische Geschütze und drei Rossschweife in Ottos Hände fielen! Nach dem Waffenstillstand mit dem Osmanischen Reich wurde von Otto als Brigadier nach Ofen (heute: Budapest), später nach Galizien versetzt, um dort den Grenzkordon zu kommandieren.

Im Frühjahr 1793 ging Generalmajor von Otto zur kaiserlich-österreichischen Hauptarmee nach den Niederlanden ab. Er erhielt vom Oberbefehlshaber, Prinz Friedrich Josias von Sachsen-Coburg die halbe Avantgarde unter dem Kommando von Erzherzog Karl anvertraut. Mit dieser rückte von Otto über die französische Grenze, half die Festung Condé einzuschließen , wendete sich danach gegen die Festung von Valenciennes und vertrieb die zu Hilfe eilende französische Infanterie in den Gefechten bei Tivoncelles, Sourouble, Rouble, Onaing sowie Estreu. Alle in dieser Gegend bis zum 22. Mai 1793 vorgefallenen Gefechte, hatten für Generalmajor von Otto einen günstigen Ausgang. Am 23. Mai wirkte er besonders in der Schlacht bei Famars, in dem er bei Willerspol die Franzosen aus ihren Schanzen am Ronellebach warf und 7 Geschütze erbeutete. Generalmajor von Otto befand sich beim erfolgreichen Angriff Prinz Coburgs auf das französische Lager Camp-Caesar am 7. August, wofür er persönlich den ersten Angriffsentwurf entwickelt hatte. Danach deckte er durch acht Monate hindurch die Gegend von Valenciennes gegen den überlegenen französischen Gegner. Er schlug die feindlichen Angriffe stets glücklich ab, trug in dem brillanten Gefecht von Avesnes-le-Sec (12. September 1793) ebenfalls großartig am Sieg bei und  nahm am 30. Oktober 1793, mit dem Generalmajor Kray vereint, den Franzosen durch einen nächtlichen Überfall den eroberten Posten von Marchiennes wieder ab.

Im Frühjahr 1794 zum Feldmarschall-Leutnant befördert und zum zweiten Inhaber des Husaren-Regiments Nr. 32 „Erzherzog Ferdinand Karl d´Este“ (Nach der Reform von 1798 erhielt das Husaren-Regiment „Erzherzog Ferdinand Karl d´Este die Nr. 3) ernannt, erhielt von Otto in diesem Feldzugsjahr das Kommando über eine österreichische Truppenabteilung, welche als besonderes Korps zur englisch-hannoverschen Armee des Herzogs von York gehörte. Dieser hatte den tapferen und schneidigen Otto selbst beim Prinzen von Coburg ausgebeten, und überließ ihm vollständig vertrauend alle Hauptdispositionen. Bei der erfolgreichen Belagerung von Landrecies (21. bis 30. April 1794) führte Feldmarschall-Leutnant von Otto eine Angriffskolonne gegen Vaux-en-Arroises, warf dort die französischen Verteidiger aus ihren Verschanzungen und eroberte 14 Geschütze. Ebenso erfolgreich war Otto am 24. bei Villers-en-Cauchie (24. April 1794), wo er bloß mit seiner Kavallerie die französischen Korps über den Haufen warf und ihnen empfindliche Verluste zufügte! Die hierauf gewonnene Schlacht von Le-Cateau am 26. April 1794, in welcher die französische Ardennen-Armee nahezu einen Gesamtverlust von 7.000 Mann, 40 Geschützen und 50 Munitionswagen war ganz allein Feldmarschall-Leutnant von Ottos Werk. In der Schlacht von Tourcoing am 17. und 18. Mai 1794 als die Armee der Verbündeten von der französischen Nord-Armee unter Divisionsgeneral Pichegru eine empfindliche Niederlage erlitt, deckte Feldmarschall-Leutnant von Otto mit seinen Reservetruppen den Rückzug der bereits geschlagenen hannoveranischen und englischen Truppen, und hielt mit seinen Reservetruppen den anstürmenden französischen Infanteristen bis in die Nacht hinein stand, bis alle zerstreuten Truppen sich wieder gesammelt hatten und ihn der auf dem Schlachtfeld weilende Kaiser Franz II. zurückrufen ließ. Franz II. verlangte von Feldmarschall-Leutnant von Otto in einem bald einberufenen Kriegsrat ausdrücklich dessen schriftliche Meinung über die damalige Kriegslage und verlieh ihm für seine außergewöhnlichen tapferen Leistungen und Waffentaten bei der 33. Promotion vom 25. Mai 1794 das Kommandeurskreuz des Maria-Theresien-Ordens. Seine Anstellung als Kommandeur des abgesonderten österreichischen Korps beim Heer des Herzogs von York löste sich nun auf, und Otto erhielt einige leichte Truppen als Avantgarde der kaiserlich-österreichischen Hauptarmee unter Prinz Coburg, welche die Festung Charleroi befreien sollte. In Folge der übrigen Vorfälle und der Niederlage in der Zweiten Schlacht von Fleurus (26. Juni 1794) erhielt auch Otto den Befehl zum Rückzug.

Unzählige Wunden und sein hohes Alter nötigten Feldmarschall-Leutnant von Otto 1795 seine Entlassung von der Armee zu nehmen. Gleichwohl wurde er 1796 zur Verteidigung von Böhmen, 1797 zum Kommandeur eines separaten Korps der Armee in Italien berufen, konnte aber wegen geschwächter Gesundheit letzteren Auftrag des Kaisers nicht annehmen. Im Jahr 1798 erhielt Otto die Bestimmung zu einer Militärhofkommission nach Wien, dann wurde er 1801 als Mitglied in den Wiener Hofkriegsrat bestimmt. 1803 wurde Otto, als Beweis der Anerkennung seiner Dienste zum General der Kavallerie erhoben und wieder in den Ruhestand versetzt, nachdem er 52 Jahre lang als Soldat gedient, 14 Feldzüge, 7 Belagerungen, 12 Hauptschlachten und eine große Menge an Gefechten mitgemacht hatte. Bis zum Jahr 1810 lebte Otto bei dem Feldmarschall-Leutnant Franz Freiherr von Levenehr zu Holuvest in Böhmen. Dann im Jahr 1810 kaufte er sich bei Königgrätz (heute: Hradéc Králové/Tschechien) das kleine Rittergut St. Johannisberg, wo er schon im folgenden Jahr, am 7. August 1811 im Alter von 77 Jahren verstarb.