General der Kavallerie Prinz von Lothringen-Lambesc

Karl Eugen Prinz von Lothringen, Fürst von Lambesc, Graf von Brionne, wurde als letzter männlicher Spross eines berühmten französischen Adelsgeschlechts in Versailles vor den Toren von Paris am 25. September 1751 geboren. Einer Seitenlinie des Hauses Lothringen entstammend, welche sich im 16. Jahrhundert in Frankreich niederließ, wo die Familie 1761 die Würde eines Großstallmeisters von Frankreich und Gouverneurs von Anjou als erblich erhielt. Als Karls Vater der Graf von Brionne starb, folgte ihm der damals gerade erst zehnjährige Sohn in dessen Würden nach, und entwickelte bald solch einen unbändigen Übermut, dass seine Mutter genötigt war, ihren Sohn in das Kollegium nach Plessis zu geben, wo dem jungen Karl und seinen wilden Leidenschaften ein heilsamer Zügel angelegt wurde! Nach einer guten Erziehung und volljährig, widmete Karl seine Dienste als Vasall des französischen Königs Ludwigs XVI. natürlich diesem Herrscher. Durch die Heirat König Ludwigs XVI. mit der österreichischen Erzherzogin Marie Antoinette, welche letztere Prinz Karl nahe verwandt war, stieg auch er in seiner Stellung am königlichen Hofe. Als Prinz von Geblüt wurde er, obgleich erst 26 Jahre jung, Ritter der königlichen Orden, und etwas später Inhaber des Royal-Allemand-Dragoner-Regiments, jener deutschen Reiter-Formation in französischen Diensten, welche seit mehr als einem Jahrhundert von deutschen Reichsfürsten kommandiert, dann schließlich am 1. Februar 1793 in kaiserlich-österreichische Dienste übernommen und 1798 dem österreichischen Kürassier-Regiment Nr. 10 „Lothringen“ (ab 1802 in Kürassier-Regiment Nr. 6 umnummeriert) einverleibt wurden.

Während der ersten Ereignisse der Französischen Revolution von 1789 war das Royal-Allemand-Dragoner-Regiment ganz besonders zum Schutz des königlichen Hofes bestimmt. Gerade am 12. Juli 1789 spielte Prinz Karl mit diesem Regiment eine besondere Rolle: An der Spitze seiner Allemand-Dragoner ritt Karl über den Platz Ludwig XV. in den Garten der Tuilerien, und sprengte dort die Volkshaufen welche sich dort täglich um die Volksredner scharten auseinander. Da der Prinz von Seiten der übrigen königlichen Truppen ohne Unterstützung gelassen wurde, sah er sich angesichts der drohenden Volksmasse mit der über dem hinaus die französischen Garden gemeinsame Sache machten, genötigt, sich zurückzuziehen, ehe ihm durch die stets wachsenden gewalttätigen Haufen der Weg abgeschnitten wurde. Bei dieser Aktion war es nur natürlich dass es Verletzte gab. Und man gab insbesondere dem Prinzen Karl die Schuld, auf einen alten Mann der sich nicht schnell genug absetzen konnte, mit dem Säbel eingehauen zu haben! Dieser Vorfall brachte sehr große Aufregung hervor und das Untersuchungskomitee der gesetzgebenden Nationalversammlung denunzierte den Prinzen Karl von Lambesc als einen der Haupturheber der Verschwörung welche damals gegen das Volk im Zuge war! Diese Beschuldigungen fielen vor dem Gerichtshof von Chatelet vor dem der Prinz geladen wurde ins Nichts zurück und Prinz Karl wurde freigesprochen! Dennoch veranlasste die Französische Revolution Prinz Karl von Lothringen gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Prinzen Joseph Maria von Lothringen-Vaudémont sowie seinen königstreuen Royal-Allemand-Dragonern Frankreich gerade noch rechtzeitig zu verlassen und in kaiserlich-österreichische Dienste zu treten!

Am 7. Juni 1791 wurde Prinz Karl per Handbillet aus Mailand von Hofkriegsratspräsident Graf Tiege auf Befehl von Kaiser Leopold II. (1747-1792) zum Generalmajor, und sein jüngerer Bruder Prinz Joseph zum Oberst in der kaiserlich-österreichischen Armee ernannt. Beide wurden zur Dienstleistung zum k.k. Heer in die österreichischen Niederlande (Belgien) unter dem Oberbefehl des alten Feldmarschalls Freiherr von Bender bestimmt. Im August 1791 wurde Prinz Karl auf dessen Bitte hin von Kaiser Leopold II. ein Kavalleriekommando in den österreichischen Niederlanden zugeteilt, und im Oktober 1791 erhielt der Prinz von Feldmarschall Bender den Befehl über eine Brigade, bestehend aus dem Freikorps des Freiherrn von Degelmann (ab 1798 als Ulanen-Regiment Nr. 2 "Fürst Schwarzenberg" bekannt) und dem Dragoner-Regiment Nr. 37 „Coburg“. Prinz Karl fand bald Gelegenheit den der Familie wie es scheint angeborenen Mut auf glänzende Weise zu betätigen.

Bei Ausbruch des Ersten Koalitionskrieges im April 1792 stand Prinz Karl als Brigadekommandeur beim k.k. Heer in den österreichischen Niederlanden, und konnte sich im Verlauf der Feldzüge mehrmals auszeichnen. Als die französische Nord-Armee unter Divisionsgeneral Pichegru am 22. Mai 1794 Tournai mit 45.000 Mann in mehreren Kolonnen angriff und hauptsächlich das österreichische Zentrum mit ihrer Übermacht hart bedrängten, so dass die kaiserliche Infanterie zurückweichen musste, attackierte Prinz Karl an der Spitze von 4 Eskadronen des Chevauxlégers-Regiments Nr. 18 „Karaiczay“ die auf der Anhöhe von Templeuve aufgestellten französische Infanterie mit solcher Bravour, dass gegen 500 Mann niedergesäbelt und 3 Geschütze erbeutet wurden! Mit 2 Eskadronen besetzte Prinz Karl sogleich das Dorf Bloudain und unterstützte dadurch die eigene Infanterie so zweckmäßig, dass die französischen Truppen nach einem Gesamtverlust von 5.500 Mann an Gefallenen und Verwundeten, über 450 Gefangenen und 7 Geschützen gänzlich zum Rückzug gezwungen wurden. Für seine Verdienste wurde Prinz Karl von Lothringen von Kaiser Franz II. am 18. Juni 1794 die Inhaberschaft über das nach dem Tod von Feldmarschall-Leutnant Christian Freiherr von Wallisch vakante Kürassier-Regiment Nr. 21 (nach der Reform von 1798 in Kürassier-Regiment Nr. 7 umnummeriert) übertragen, welches fortan nun als Kürassier-Regiment „Karl von Lothringen“ in vielen Hauptschlachten gegen die französische Republik wie auch später gegen das Kaiserreich Napoleons zugegen sein sollte. Weitere Auszeichnungen des wackeren Prinzen Karl folgten; Während der Zweiten Schlacht von Fleurus (26. Juni 1794) war beim Angriff der dritten Angriffskolonne unter Feldzeugmeister Graf von Kaunitz auf die verschanzten Stellungen der Franzosen bei Heppignies ein Teil der österreichischen Infanterie in Gefahr geraten, von drei französischen Kavallerie-Regimentern umzingelt und aufgerieben zu werden. Sofort eilte Prinz Karl von Lothringen mit 4 Eskadronen des Karabiniers-Regiments Nr. 5 „Herzog Albert von Sachsen-Teschen“ der französischen Reiterei entgegen, warf diese mit beträchtlichem Verlust zurück und rettete durch diese kühne Tat die Infanterie samt den Geschützen. Dem nahen feindlichen Kartätschenfeuer ausgesetzt sammelte Prinz Karl seine Kavallerie und deckte den Rückzug der österreichischen Truppen vom Schlachtfeld von Fleurus so vorbildlich, dass dieser ohne weiteren großen Verluste angetreten werden konnte.

Am 4. März 1796 erfolgte Prinz Karl von Lothringen-Lambescs Beförderung zum Feldmarschall-Leutnant in der k.k. Armee. Außerdem wurde er für seine besonders auf dem Schlachtfeld von Fleurus geleisteten Dienste unter Umgehung der Verleihung des Ritterkreuzes, bei der 42. Promotion vom 11. Mai 1796, mit dem Kommandeurskreuz des Maria-Theresien-Ordens ausgezeichnet. Im Frühjahr 1796 in der k.k. Niederrhein-Armee dienend, focht Prinz Karl während des weiteren Verlaufs des Feldzuges von 1796 als Kommandeur einer schweren Kavallerie-Division vor allem in den Siegen Erzherzog Karls bei Amberg (24. August 1796) und bei Würzburg (2. September 1796) mit Auszeichnung.

Auch während des Zweiten Koalitionskrieges konnte sich der Prinz von Lothringen-Lambesc in vielen Gelegenheiten und mehrmals mit wichtigen Positionen betraut, in den Kämpfen in Südwestdeutschland gegen die französischen Truppen auszeichnen. Während des Frühjahrsfeldzuges von 1800 als Befehlshaber einer schweren Kürassier-Division in der k.k. Hauptarmee unter Feldzeugmeister von Kray dienend, zeichnete sich Prinz Karl besonders in der Schlacht von Engen (3. Mai 1800) durch umsichtige Truppenführung aus. Dort hatte er während des Nachmittags die im Tal bei Mühlhausen und Ehingen vorgehenden französischen Truppen Moreaus durch wiederholte Angriffe, der ihm an diesem Tag unterstehenden Grenadier-Reserve sowie seiner eigenen schweren Kürassier-Division unter empfindlichen Verlusten in ihre Ausgangsstellungen zurückgeworfen. Durch diesen Abwehrerfolg Prinz Karls konnte Feldzeugmeister von Kray ungehindert am späten Abend seinen Rückzug vom Schlachtfeld antreten, nachdem diesem der Fall von Stockach in seiner linken Flanke gemeldet wurde. Der Prinz von Lothringen-Lambesc blieb bis Mitte des Jahres 1800 bei der k.k. Hauptarmee in Deutschland angestellt, kommandierte dann in Ostgalizien und wurde am 3. Dezember 1806 zum General der Kavallerie befördert sowie zum Kapitän der kaiserlichen Arcieren-Leibgarde in Wien ernannt.

Kaiser Franz I. zollte ihm tatsächlich sehr große Achtung, und bewies diese dadurch, dass er Prinz Karl zum Ritter des goldenen Vliesses ernannte. Bei der Rückkehr der Bourbonen nach Frankreich verlieh ihm König Ludwig XVIII. die Pairswürde, den Titel eines Herzogs von Elbeuf und den Marschallstab. Diese Verleihungen an Prinz Karl von Lothringen-Lambesc als einen Fürsten der über 20 Jahre gegen Frankreich gefochten hatte, erregte indes in Frankreich überall Unwillen, und Karl obgleich er es sich nur zu gut bewusst war, nicht gegen Frankreich sondern nur gegen die Revolution und gegen Napoleon -zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Königshauses gekämpft zu haben- hatte doch von den ihm verliehenen Würden nie Gebrauch gemacht. Karl war übrigens mit der Witwe des Ministers Grafen von Colloredo verheiratet, sich aber schon wenige Monate nach der Ehe wieder von ihr scheiden lassen. Im Alter von 74 Jahren verstarb Prinz Karl kinderlos am 21. November 1825 in Wien. Mit ihm starb die Linie schließlich im Mannesstamme aus. Schon im August 1791 hatte die kaiserliche Staatskanzlei ratifiziert, dass die beiden Prinzen von Lothringen, Karl und sein jüngerer Bruder Joseph die letzten männlichen Sprossen des Hauses französisch- Alt-Lothringen der Linien Elbeuf, Harecourt und Armagnac waren. Prinz Karl von Lothringen war durchaus ein vorzüglicher Kavalleriegeneral und hatte einen edelmütigen Charakter.