Feldzeugmeister Graf Baillet de Latour

Theodor von Baillet-LatourTheodor Graf von Baillet-Latour wurde als Sohn des Feldzeugmeisters und späteren Hofkriegsratspräsidenten Maximilian Graf Baillet de Latour am 15. Juni1780 in Linz geboren. Nach einer neunjährigen Ausbildung auf der Wiener-Neustädter-Militärakademie trat der junge Latour als Kadett  in die Ingenieur-Akademie ein und erlangte dort im Jahr 1799 das Patent eines Oberleutnants des Ingenieurkorps. Während des Feldzuges im Jahr 1800 der k.k. Italien-Armee unter General der Kavallerie Melas zugeteilt, focht Latour am 14. Juni 1800 in der Schlacht bei Marengo. Im Jahr 1804 zum Hauptmann befördert, diente er im Dritten Koalitionskrieg von 1805 in den Rang eines Major im Generalstab aufgestiegen, in der k.k. Hauptarmee in Schwaben unter Feldmarschall-Leutnant Freiherr von Mack. Unter diesem nahm er an den Gefechten um die damalige Festung Ulm teil, und war bei der Kapitulation des österreichischen Heeres in Ulm zugegen.

Nachdem Latour während der folgenden Friedensjahre von 1806-1808 bei der Triangulierung in Oberösterreichs verwendet wurde, rückte er bei Ausbruch des Krieges von 1809 erneut ins Feld. Im VIII. Armeekorps unter Kommando des Generals der Kavallerie Erzherzogs Ferdinand von Habsburg-Este angestellt, nahm er an dessen Feldzug gegen die polnischen Truppen teil, und erprobte seine militärische Tüchtigkeit so sehr, dass er noch im selben Jahr zum Oberstleutnant befördert wurde.

Im Jahr 1812 zeichnete sich Latour im Generalstab des österreichischen Hilfskorps in Russland erneut in solch bemerkenswerter Weise aus, dass Fürst Schwarzenberg eine längere ehrenvolle schriftliche Äußerung über ihn abgab. Latour tat in dem siegreichen Nachhutgefecht bei Biala Podlaska (13. Oktober 1812) unter Feldmarschall-Leutnant Bianchi, wie es in den österreichischen Gefechtsberichten hieß: „Wunder an Tapferkeit und Umsicht, trieb durch energische Angriffe die überlegenen russischen Truppen zurück, eroberte einige feindliche Geschütze und wusste sich in einer gefährlichen Stellung taktvoll und erfolgreich zu behaupten!“

Zu Beginn des Kriegseintritts Österreichs auf Seiten der Verbündeten im Sommer 1813, war Latour bereits Oberst und Kommandeur des mährischen Infanterie-Regiments Nr. 12 „Aloys Fürst Liechtenstein“ und gleichzeitig dem Generalstab von Feldmarschall Fürst Schwarzenberg zugeteilt. In der Relation der Schlacht bei Dresden (26.-27. August 1813) wurde Latour für seine Umsicht und Tapferkeit in besonderer Erwähnung gedacht. In der Völkerschlacht um Leipzig verdiente sich Latour den russischen Wladimir-Orden. Während der weiteren Feldzüge von 1814 und 1815 diente er als Generalstabschef des IV. (württembergisch-österreichischen) Armeekorps unter  Kronprinz Wilhelm von Württemberg in der verbündeten Hauptarmee unter Feldmarschall Fürst Schwarzenberg. Hierbei zeichnete er sich in seiner Arbeit als Stabschef in den Schlachten und Gefechten bei La Rothiére (1. Februar 1814), Sens (11. Februar 1814), Montereau (18. Februar 1814), Arcis-sur-Aube (20.-21. März 1814), Champenoise (25. März 1814) und vor Paris (30. März 1814) aus. Nachdem er aufgrund seiner Leistungen die Aufmerksamkeit des württembergischen Königs Friedrichs I. sowie des Zaren Alexander I. von Russland auf sich gezogen hatte, wurde er für seine Verdienste zum Generalmajor befördert. Des weiteren erhielt er für seine erfolgreichen Waffentaten bei der 88. bis 144. Promotion für die Feldzugsjahre 1813-1816 das Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens verliehen.

Nach dem Sturz Napoleons und den darauffolgenden Jahren des tiefen Friedens, im Jahr 1822 zum Inhaber des 3. Artillerie-Regiments und Artillerie-Brigadier in Olmütz ernannt. 1829 an der Spitze der Militärkommission bei der Bundesversammlung in Frankfurt am Main, wurde Latour 1831 zum Feldmarschall-Leutnant befördert. 1832 an den kaiserlichen Hof nach Wien berufen, um dort als Stellvertreter des Generalgeniedirektors Erzherzog Johann zu wirken und zum Inhaber des Infanterie-Regiments Nr. 28 ernannt. Nachdem er 1841 zum Feldzeugmeister befördert wurde, erhielt er im Jahr 1848 das wichtige Amt des Kriegsministers. Als solcher wurde er bei der Erstürmung des Kriegsministerialgebäudes anlässlich der Wiener Revolution am 6. Oktober 1848 ermordert. Die Armee verlor in ihm einen tüchtigen Soldaten und der Kaiser einen seiner treuesten Diener. Eine schmerzliche Vorahnung seines Todes spricht sich in seinen Worten aus, die er im September 1848 an den als königlichen Kommissar zur Befriedung Ungarns abgesandten Grafen Lamberg richtete, welche da lauteten: „Wir werden uns wahrscheinlich nicht mehr sehen, doch gebietet es Pflicht und Ehre, unsere Bestimmung mit Resignation zu erfüllen!“