Feldmarschall Graf von Bellegarde

Bellegarde 1829Heinrich Joseph Johannes Graf von Bellegarde wurde am 29. August 1756 ( nach a.Angaben am 23. August 1756) in der kursächsischen Hauptstadt Dresden geboren. Sein Vater war der damalige sächsische Kriegsminister Johann Franz von Bellegarde. Ursprünglich entstammte die Familie Bellegarde übrigens aus einem alten Adelsgeschlecht aus Savoyen. Der junge Bellegarde trat mit 20 Jahren als Fähnrich 1776 in das kursächsischen Heer ein, wechselte aber bereits im Jahr 1781 in die kaiserlich-österreichische Armee über. Bereits im Jahr 1785 zum Oberst befördert und zum Kommandeur des Dragoner-Regiments Nr. 1 „Erzherzog Joseph Anton von Toskana“  (1795 in Dragoner-Regiment Nr. 26 „Erzherzog Johann umbenannt) ernannt, welches er bis ins Jahr 1793 befehligte.

In dem bald darauf folgenden Krieg gegen das Osmanische Reich (1787-1792) konnte sich der junge Bellegarde als Reiterführer mehrmals auszeichnen. Mit seinem Regiment in der österreichischen Hauptarmee eingeteilt, focht Bellegarde mit seinen Dragonern während der erfolgreichen Belagerung der Festung Schabatz an der Save (heute: Sabac/Serbien), dem Gefecht bei Semlin (Zemnun), bei Bezanja-Damme sowie schließlich der erfolgreichen Belagerung von Belgrad im Herbst 1789.

Bei Ausbruch des Ersten Koalitionskrieges im April 1792 stand Graf von Bellegarde mit seinem Regiment im Armeekorps des Feldzeugmeisters Fürst von Hohenlohe-Kirchberg am Oberrhein und der Mosel. Schon im Frühjahr 1793 versah Bellegarde als Generalstabsoffizier seinen Dienst im österreichischen Hauptheer unter Feldmarschall Prinz von Sachsen-Coburg-Saalfeld, und nahm an den Belagerungen der französischen Festungen Valenciennes (25. Mai bis 27. Juli 1793) und Maubeuge (30. September bis 16. Oktober 1793) teil. Im Jahr 1794 zum Generalmajor befördert, wurde Bellegarde für seine Verdienste und Tapferkeit auf dem Schlachtfeld am 25. Mai 1794 bei der 33. Promotion mit dem Ritterkreuz des Maria-Theresien-Ordens ausgezeichnet.

Am 12. März 1796 zum Feldmarschall-Leutnant befördert, wurde Graf von Bellegarde als Adlatus Erzherzog Karl zur Seite gestellt, welcher seit dem 10. Februar 1796 zum Reichsgeneralfeldmarschall und Oberbefehlshaber der k.k. Niederrhein-Armee bestimmt war. An der Seite Erzherzog Karls nahm Bellegarde an den Hauptschlachten des Feldzuges von 1796 teil, so bei Wetzlar (15. Juni 1796), Malsch (9. Juli 1796), Neresheim (11. August 1796) und schließlich Würzburg (2. September 1796). Im folgenden Jahr begleitete Graf von Bellegarde den Erzherzog nach Norditalien. Auf diesem Kriegsschauplatz, auf welchem auch der bisher in Deutschland siegreiche Erzherzog Karl nichts mehr ausrichten konnte, war Graf von Bellegarde neben Generalmajor Graf von Merveldt einer der beiden österreichischen Offiziere welche die Aufgabe erhielten, am 7. April 1797 mit Napoleon Bonaparte bei Judenburg einen Waffenstillstand auszuhandeln. Später nahm er ebenso an den Verhandlungen von Leoben wie auch von Campo Formio teil.

Während der Armee-Reformen des Jahres 1798 war Graf von Bellegarde Mitglied der Militär-Hof-Kommission unter Feldzeugmeister von Alvinczy, und prüfte die Möglichkeit das Korps-System, wie im französischen Heer bereits vorhanden, in der kaiserlich-österreichischen Armee einzuführen.

Zu Beginn des Zweiten Koalitionskrieges im Frühjahr 1799 erhielt Bellegarde das Kommando über die k.k. Tiroler Armee in Stärke von 46.600 Mann (50 Bataillone und 14 Eskadronen), und fungierte als Bindeglied zwischen der k.k. Hauptarmee in Schwaben unter Erzherzog Karl und der k.k. Italien-Armee unter Feldmarschall-Leutnant Kray an den Etsch. Am 4. April 1799 schlug Bellegarde bei Tauffers und Münsters die französischen Truppen unter Brigadegeneral Dessoles und vertrieb nach dem siegreichen Gefecht von Remüs (30. April 1799) die französischen Truppen Lecourbes aus dem Engadin.  Leider hatte es Bellegarde bei beiden Gefechten versäumt seine geschlagenen Gegner zu verfolgen und zu vernichten. Am 15. Mai 1799 hatte Bellegarde den Befehl der kaiserlichen Regierung aus Wien erhalten, mit 15.000 Mann über die Alpen nach Piemont abzumarschieren um sich dort mit dem unter Oberbefehl des berühmten russischen Feldmarschalls Alexander Wassiljewitsch Suworow Graf von Rimniksky (1729-1800) stehenden verbündeten russisch-österreichischen Heer zu vereinigen. Auch kann sich Graf von Bellegardes Alpenmarsch sicherlich in den Augen des Lesers sehen lassen; Er begann ihn am 15. Mai 1799 bei Wallenstedt, zog dann über Chur und erreichte über den Splügen-Pass marschierend am 21. Mai Chiavenna. Von dort ging es weiter nach Como, wo er seine Truppen auf dem Comer See einschiffte und schließlich Mailand erreichte. Von Mailand zog er nach Pavia weiter, wo er sich mit Feldmarschall Suworow vereinigte. Ende Mai 1799 unter den Oberbefehl von Suworow gestellt, erhielt Bellegarde den Auftrag mit seinem Korps nacheinander zuerst die Zitadelle von Tortona und danach die Festung von Alessandra zu erobern. Am  20. Juni 1799 bei Cassina Grossa (auch als San Giuliano bekannt) von Moreau angegriffen, mußte sich Graf Bellegarde nach einem verbissen gelieferten Gefecht und dem Verlust von 1.000 Gefallenen und Verwundeten, 1.300 Gefangenen sowie 3 Geschützen die Belagerung der Zitadelle von Tortona aufheben und sich hinter die Bormida zurückziehen. Ab dem 22. Juni 1799 begann Graf von Bellegarde mit seinem auf 21.000 Mann verstärkten Korps die Belagerung der Festung Alessandria, welche schließlich am 22. Juli 1799 kapitulierte. In der mörderischen Schlacht von Novi am 15. August 1799 befehligte Graf von Bellegarde unter Feldzeugmeister Kray eine Division und focht auf dem rechten Flügel der verbündeten Armee gegen die französische Division Grouchy. Im September 1799 an den kaiserlichen Hof nach Wien abberufen, diente Bellegarde dort als Ratgeber des intrigantischen Außenministers Johann Amadeus Francis de Paula Baron von Thugut (1736-1818).

Nach der Niederlage von General der Kavallerie Melas in der Schlacht von Marengo am 14. Juni 1800, erhielt Graf von Bellegarde zum General der Kavallerie befördert, im Herbst den Oberbefehl über die kaiserlich-österreichische Italien-Armee übertragen. Von dieser Italien-Armee lag das Hauptheer mit einer Effektivstärke von etwa 55.000 Mann entlang des Flusses Mincio. Vom 25. bis zum 26. Dezember lieferten sich das französische Italienheer unter Divisionsgeneral Brune mit 66.000 Mann und 160 Geschützen mit Graf Bellegardes Truppen etwa 50.000 Mann mit 100 Geschützen einen hartnäckigen Kampf um die Flussübergänge bei Pozzolo, Borghetto, Valeggio und Monzambano, welcher als Schlacht am Mincio in die Kriegsgeschichte einging. Obwohl auf französischer Seite Brune als Feldherr total versagte, und seine Unterbefehlshaber die beiden Divisionsgeneräle Dupont und Suchet die Schlacht praktisch schlugen, versäumte es auch Graf von Bellegarde in einem für den Gegner sehr kritischen Moment. Als gerade einmal 10.000 französische Soldaten unter Dupont am linken Mincio-Ufer bei Pozzolo sich über 30.000 österreichischer Soldaten erwehrten, hätte Bellegarde seine sämtlichen Reserven dorthin werfen können, oder versuchen müssen über den von den Franzosen zu diesem Zeitpunkt unbehelligten Brückenkopf von Borghetto auf das rechte Mincio-Ufer hervorzubrechen, und somit dem Zentrum wie auch dem linken Flügel des französischen Heeres eine vollständige Niederlage zu bereiten! Aber auch Bellegarde unterlies solche Manöver die eine Schlacht entscheiden konnten. Dupont wurde von Suchets Truppen verstärkt und die österreichischen Divisionen aus dem Feld geschlagen. Auf beiden Seiten waren die Einbußen sehr hoch. Graf von Bellegarde hatte über 4.100 Gefallene (darunter Feldmarschall-Leutnant Freiherr von Kaim) und Verwundete, sowie 4.300 Gefangene und 29 Geschütze an Verlusten zu beklagen. Zwar belief sich Brunes Gesamtverlust auch auf rund 4.000 Mann an Gesamtverlusten, aber das französische Heer hatte den Mincio-Übergang erzwungen! Bellegarde zog sich am 27. Dezember 1800 hinter die Etsch zurück, heftig verfolgt von seinem französischen Gegner. Bei Bassano angekommen erfuhr er von den Unglücksfällen des kaiserlichen Heeres in Deutschland und schlug schließlich Brune einen Waffenstillstand vor. Dieser nahm denselben augenblicklich an und beide gegnerischen Feldherren unterzeichneten ihn am 16. Januar 1801 in Treviso.

1801 zum Inhaber des Infanterie-Regiments Nr. 45 (ehemals „Belgiojoso“) ernannt, welches Bellegarde bis zu seinem Tod führte. Vor Beginn des Dritten Koalitionskrieges von 1805 wurde Graf von Bellegarde nach Venetien abgesandt um die dortigen österreichischen Länderein zu verwalten.

Als General der Kavallerie wurde er dann bei Ausbruch des Krieges von 1805 erneut in Italien verwendet. Bellegarde kommandierte zunächst den rechten Flügels der Italienarmee unter Erzherzog Karl und leitete später in der Schlacht um Caldiero (29.-31. Oktober 1805) das österreichische Zentrum (Korpsverband). In den Jahren 1806 bis 1807 war Bellegarde als Gouverneur von Galizien tätig. 1809 kehrte Bellegarde in den aktiven Felddienst zurück 

Im Krieg von 1809 zeichnete sich Bellegarde erneut aus. Erzherzog Karl, der diesmal die gesamte österreichische Armee befehligte, übertrug Bellegarde das Kommando über eine Armeegruppe, die aus dem I. Korps (unter persönlichen Befehl von Bellegarde) und dem II. Korps (Feldzeugmeister Graf von Kolowrat-Krakowsky) bestand. Bellegarde nahm in diesem Jahr an den Schlachten von Aspern-Essling (21.-22. Mai 1809) und Wagram (5.-6. Juli 1809) mit Auszeichnung teil, so dass er am 10. September 1809 zum Feldmarschall befördert wurde. Daraufhin wurde er zum Hofkriegsratspräsident ernannt, eine Position, die er von Ende 1809 bis Herbst 1813 inne hatte.

Nachdem Graf von Bellegarde 1813 die immense Aufgabe gemeistert hatte, die österreichischen Armee massiv zu erweitern, übertrug ihm Kaiser Franz I. von Österreich als Anerkennung für seine Leistung am 15. Dezember 1813 den Oberbefehl über die k.k. Italienarmee. Gleichzeitig wurde Bellegarde 1813 zum Generalstatthalter von Lombardo-Venetien ernannt (diesen Posten bekleidete er bis 1816). In dieser Position war er sehr eng in die Verhandlungen mit Joachim Murat dem König von Neapel eingebunden, welche dazu führten, dass Murat auf Seiten Österreichs in den Krieg eintrat. Der Kampf war in Norditalien noch im vollen Gange als die Nachricht von Napoleons Abdankung ankam. Der Waffenstillstand von Schiarino-Rizzino, am 16. April 1814 zwischen Graf Bellegarde und dem italienischen Vizekönig Eugéne de Beauharnais beendete auch hier die Kämpfte. Als weitere Auszeichnung wurde er zum Ritter des goldenen Vlies ernannt und 1816 zum Obersthofmeister des Kronprinzen Ferdinand berufen.

Während der Jahre des tiefen Friedens die nach Napoleons Tod folgten bekleidete Bellegarde das Amt eines Hofkriegsrates. Ab 1820 Staats- und Konferenzminister, wurde Graf Bellegarde nach dem Tod von Fürst Schwarzenberg im Jahr 1820 wiederum Präsident des Hofkriegsrates in Wien. Er hielt dieses hohe Amt bis 1825 in seinen Händen, als er aufgrund starker Sehschwäche zurücktrat. Heinrich Graf von Bellegarde, welcher zwischen 1788 bis 1815 an insgesamt 18 Feldzügen teilgenommen hatte, starb am 22. Juli 1845 in Wien.

Bellegarde wird als sehr galanter Offizier beschrieben, als fähiger Untergebener und guter Organisator. Allerdings hatte er Schwächen, wenn er auf sich allein gestellt unabhängige Kommandos führen mußte. Allerdings hatte er bereits 1798 die Weitsicht, die Einführung eines Korpssystems auch in der österreichischen Armee zu befürworten, was jedoch am Widerstand des Großteils der konservativen österreichischen Generäle scheiterte. Ebenso schlug er 1810 dem Kaiser vor, die leichten Truppen (ähnlich wie bei den Franzosen) in der österreichischen Armee massiv zu erweitern, was der Kaiser jedoch aus finanziellen Gründen ablehnte. Damit bleibt festzuhalten, dass man Bellegarde zu den herausragenden österreichischen Generälen jener Zeit zählen muss.

Graf von Bellegarde hatte einen jüngeren Bruder, den Marquis Friedrich von Bellegarde (Lebensdaten unbekannt), welcher als Generalmajor in der Schlacht von Marengo am 14. Juni 1800 eine Brigade kommandierte, und nach der tödlichen Verwundung des Feldmarschall-Leutnant Karl Graf von Hadik-Futak, das Kommando von dessen Angriffskolonne übernahm. Während des Dritten Koalitionskrieges von 1805 verteidigte der zum Feldmarschall-Leutnant beförderte Friedrich von Bellegarde erfolgreich Venedig gegen die französisch-italienischen Belagerungstruppen.